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Equitana: Ausbildungsabend mit Ingrid Klimke

Pferdegesundheit: Wie Ställe und Paddocks aussehen sollten

Mit Sicherheit besser

Das Telefon klingelt, am anderen Ende Ihr Pensionsstallbetreiber: „Kommen Sie schnell! Ihr Pferd hat sich in der Box verletzt.“ Ein Albtraum! Aber glücklicherweise einer, der in vielen Fällen vermeidbar ist. Wie, das wollen wir hier vorstellen.

Ein sicher angebrachtes Tor, das keine Lücken am Übergang zum Zaun aufweist, in denen sich beispielsweise ein Huf verfangen könnte. Foto: Frank Sorge

Fragt man Dr. Christiane Müller, Gutachterin für Pferdehaltung, -zucht und -sport, nach den häufigsten haltungsbedingten Verletzungsursachen, kommt es prompt: „Beispielsweise durch Öffnungen zwischen Tor und Zaun! Dort geraten Pferde mit einem Bein hinein und sind nicht in der Lage, sich zu befreien, ohne sich dabei zu verletzen.“ Das kann auch in der Box passieren. „Ursachen können vielfältig sein. Ein Pferdehalter muss diese erkennen können!“, betont die Expertin. Risiken liegen nicht nur in falscher Planung. Dr. Müller weiß: „Zu häufig ist Selbstgebautes nicht ausreichend stabil oder es entspricht nicht den Standards. Die Anforderungen an die Pferdehaltung sind in den Leitlinien (siehe Literaturtipps) beschrieben. Dabei geht es nicht darum, Pferde möglichst sicher einzusperren, sondern sie ihrer Art entsprechend im Alltag unterzubringen.“

Einzelboxen, kombiniert mit Auslauf und Weidegang sind für Sportpferde die gängigste Haltungsform. Boxennachbarn, die sich nicht vertragen, müssen getrennt werden. Das normale Abwehrverhalten von Pferden untereinander lässt Kräfte auftreten, denen im Unglücksfall keine Boxenwand standhält. Neuere Messungen haben ergeben, dass der Hinterhandschlag eines Pferdes mit einer Wucht von mehr als zwei Tonnen auf einen Gegenstand treffen kann. Dr. Christiane Müller fasst zusammen: „Die Verantwortung, Pferde gut zu halten, erfordert einen ständigen Abwägungsprozess von pferdefreundlicher und verletzungsarmer Haltung. Es geht darum, den Lebensraum der Pferde unter Berücksichtigung des normalen Verhaltens so optimal wie möglich zu gestalten, um das Risiko zu minimieren.“

Die Größe der Box

Laut den „Orientierungshilfen für Reitanlagen- und Stallbau“ (FNverlag 2009) gilt als Mindestgröße für Pferdeboxen: (2 x Widerristhöhe)2. Oder einfacher: Ein Pferd von 1,67 Meter Stockmaß sollte in einer mindestens 11 Quadratmeter großen Box stehen. Die Pferde müssen sich wälzen und in der gestreckten Seitenlage die entspannten Tiefschlafphasen genießen können. Die Trennwände haben – mit Lüftungsschlitzen, damit auch liegende Pferde frische Luft haben – so stabil zu sein, dass auch ein 600 Kilogramm-Pferd sich dagegen lehnen kann. Untere Türverschlüsse in den Boxentüren müssen funktionieren und genutzt werden.

Dies ist eine Box, in der Pferde sich wohl fühlen und sicher untergebracht sind. Foto: Christiane Slawik

Der Offenstall ist die Haltungsform, die den natürlichen Bedürfnissen des Pferdes am nächsten kommt – sofern sich die Pferdegruppe gut versteht und der Aufbau der Anlage durchdacht ist. Foto: Frank Sorge

Auch für Gitterabstände und Rohrstärken von Abtrennungen gibt es Vorgaben in den Leitlinien, die zur Minimierung der Verletzungsrisiken relevant sind. Hinzu kommen Maße für die Höhe der Trennwände, der Vergitterung für Türen, Halbtüren usw. Stallbauer sollten aber nicht nur die Richtlinien im Kopf haben, sondern vor allen Dingen berücksichtigen, wer die künftigen Bewohner der Boxen sind. Das ist besonders entscheidend, wenn es um die Abstände zwischen Gitterstäben etc. geht. Vor allem im Schlagbereich. Denn wo ein durchschnittlicher Großpferdehuf nicht hindurchpasst, flutscht ein Pony­huf leicht durch die Lücke. Das Holz für die Planken in den Zwischenwänden sollte mindestens 40 Millimeter dick sein. Gut geeignet sind Harthölzer wie Eiche, Lärche oder Robinie ohne Rinde. Auch mindestens 25 Millimeter dicke, in mehreren Schichten verleimte Sperrholzplatten gibt es in schlagsicherer Anfertigung.

Keine scharfen Kanten

Selbstverständlich darf es in der Box nirgends scharfe Kanten geben. Nägel, Schrauben usw. müssen verdeckt sein. Die Tränke hat so nah an der Wand platziert zu sein, dass das Pferd nicht mit dem Huf dazwischen kommt. Krippen aus Kunststoff sind nicht schlagsicher. Sie können splittern und haben dann rasiermesserscharfe Kanten. Stabil sind gemauerte Steintröge (heutzutage selten) oder solche aus Metall (ohne Kanten).

Der Ein- und Ausgang aus der Box ist 1,20 Meter breit. Flügeltüren sollten von der Stallgasse aus betrachtet links befestigt sein und rechts öffnen. So kann der Führende aufpassen, dass die Tür offenbleibt, während er das Pferd hineinführt. Beim Rausführen würde die Tür ohnehin dem Pferdegewicht weichen, sollte sie zufallen. Auch Schiebetüren sollten sich nach links öffnen lassen.

Wichtig: Die Schiene über der Tür muss mindestens 2,40 Meter hoch sein, damit die Pferde sich nicht den Kopf stoßen können. Zudem müssen die Türen oben und unten so gesichert sein, dass sie nicht aus ihrer Schiene rutschen können bzw. das Pferd sich unten den Huf nicht einklemmen kann.

Licht, Luft und Umweltreize – Paddockboxen sind eine feine Sache. Aus hygienischen Gründen sollte der Außen­bereich wie hier befestigt sein. Foto: Frank Sorge

Zäune für Hengstausläufe sollten wenigstens 1,60 Meter hoch sein.

Zaunkonstruktio­nen verhindern, dass rangniedrige Tiere in die Ecke gedrängt werden. Fotos: Christiane Slawik

Die richtigen Abstände

Grundsätzlich gilt: Gitterabstände von fünf Zentimeter oder kleiner für Großpferde bzw. zwei Zentimeter und kleiner bei Ponys und Fohlen. Oder aber man wählt den Abstand so groß (mindestens 20 Zentimeter bei Großpferden), dass der Huf problemlos zurückgezogen werden kann. Das aber nur, wenn die Stallnachbarn sich gut vertragen. Bei den Gittern im Bereich des Kopfes gilt: Entweder der Abstand beträgt höchstens 17 Zentimeter oder mindestens 30 Zentimeter. Auch die waagerechte Anbringung der Gitterstäbe ist möglich. Ein Abstand von höchstens 17 Zentimetern zwischen den Gittern soll verhindern, dass die Pferde den Kopf hindurchstecken. Wichtig ist, dass die Rohre stark genug sind!

Die Stallgasse

Die Stallgasse sollte wenigstens drei Meter in einer zweireihigen und 2,50 Meter in einer einreihigen Boxengasse breit sein. Häufig sieht man schwenkbare Sattelhalter vor den Boxen. Wenn diese stets zur Seite geklappt werden und die Stallgasse breit genug ist, ist das okay. Für die Decken gibt es stabile Halterungen, mit abgerundeten Ecken, die aufgeräumt aussehen und recht verletzungssicher sind. Wie die Boxentüren muss auch die Stalltür so gesichert sein, dass sie nicht aus den Angeln zu heben ist bzw. nicht aus der Schiene herauslaufen kann, wenn es sich um eine Schiebetür handelt.

Bewegung

Die wahrscheinlich wichtigste Sicher­heitsmaßnahme im Umgang mit Pferden ist die dafür zu sorgen, dass die Pferde ausgeglichen und zufrieden sind. Dafür brauchen sie freie Bewegung und Kontakt zu Artgenossen. Beides bekommen sie auf der Weide. Sicherheitsthema Nummer eins hier: der Zaun. Dr. Christiane Müller: „Standardlösungen gibt es nicht. Man muss die Zäune an die Pferde dahinter anpassen.“ Für Hengste sollten es allerdings mindestens 1,60 Meter Höhe sein. Einfache Litzen mögen als Abgrenzung innerhalb eines arrondierten Areals taugen, als Außenzaun sind sie meistens ungeeignet. Die Zaunpfähle müssen zu ca. einem Drittel ihrer Länge in die Erde gerammt werden und stehen im Abstand von ca. 2,5 bis 5 Metern. Die Eckpfosten sind großen Zugbelastungen ausgesetzt und müssen darum besonders stabil sein. Als Material für die Pfeiler eignen sich Harthölzer (s.o.), Metall- oder Betonpfosten.

Der rutschfeste Boden

Der Boxenboden muss vor allem rutschfest sein.

Geeignet sind:
• rau abgezogener Ortbeton
• Betonverbundsteinpflaster
• Gussasphalt
• Ziegelpflaster

Diese Materialien eignen sich auch für die Stallgasse. Aber Achtung: Mit der Zeit kann der Boden hier durch die Abnutzung glatt werden. Aus dem Straßenbau gibt es spezielle Maschinen, die ihn dann wieder aufrauen.

Die Querverstrebungen werden unbedingt von innen befestigt und bestehen entweder aus Rund- oder Halbrundhölzern von mindestens 12 Zentimetern Durchmesser bzw. mindestens 4 Zentimeter starken Latten. Ebenfalls geeignet sind Metallrohre, Bänder aus Förderbandgummi, Elek­trobänder von 4 bis 7 Zentimeter Breite, Kunststoffrohre bzw. -bretter (sofern UV- und frostbeständig) sowie mit Kunststoff ummantelter stabiler Draht. Zusätzlichen Schutz – auch vor Annagen und Gegenlehnen – bieten Abstandhalter mit Elektrodraht. Der allein ist allerdings nicht ausreichend als Einzäunung. Dasselbe gilt für Stacheldraht, da hier erhebliche Verletzungsgefahr besteht. Hecken haben viele Vorteile (Sicht-, Wind- und Schallschutz, Lebensraum für viele Tierarten), müssen als alleinige Weideeinfassung aber mindestens 1,5 Meter hoch und 60 Zentimeter breit sein. Wer verhindern will, dass seine Pferde den Zaun durch Scheuern destabilisieren, kann auch einen „Kratzbaum“ anbieten. Bäume tun es in der Regel aber auch und spenden zudem Schatten. In den Ecken sollte der Zaun abgeschrägt sein, damit rangniedrigere Pferde weniger leicht in die Ecke gedrängt werden können. Ganz wichtig für alle Zäune: Es dürfen keine scharfen Kanten hervorstehen! Die Pfosten für das Weidetor sollten besonders stabil versteift oder einbetoniert werden. Zwischen Zaun und Tor dürfen keine Lücken klaffen, in die ein Huf sich verklemmen könnte.

Frage des Managements

Grundsätzlich gilt: Alles, was Wohlbefinden und Ausgeglichenheit der Pferde dient, hilft auch der Risikominimierung. Aber man muss dennoch abwägen. Für die Pferde ist es schön, wenn sie über die offene Tür in die Stallgasse schauen können. Ist diese aber sehr schmal oder herrscht reger Durchgangsverkehr, ist das eine suboptimale Lösung, weil es immer mal ein Pferd gibt, das den Kollegen über die Box hinweg zwickt. Es gilt: Je besser die Pferde einer Stallgemeinschaft sich kennen und je homogener der Bestand, desto offener können die Pferde gehalten werden. Dann könnten z.B. auch die Gitter zwischen den Boxen wegfallen. Grundsätzlich sollten nur die Pferde nebeneinander stehen, die sich gut verstehen.

Zimmer mit Terrasse

Selbst wenn er nur so groß ist wie die Box selbst – Pferde lieben ihren Paddock. Für verletzungsfreien Genuss gilt: Höhe der Umzäunung mindestens 0,8 bis 0,9 x Widerristhöhe, untere Querstange ca. 40 Zentimeter Abstand vom Boden. So verhindert man ein Festliegen.

Aus hygienischen Gründen und für eine ganzjährige Nutzung ist es ratsam, den Paddockuntergrund zu befestigen. Dafür eignen sich Betonverbundsteine, Asphalt sowie sämtliche rutschfeste Platten und Gitter. Für die Pflege sollten die Paddocks von außen zu öffnen sein. Allerdings dürfen an den Übergängen und Toren keine Lücken klaffen. Und ganz wichtig: Die Eisenstangen oder Panels müssen frei von Vorsprüngen sein, an denen die Pferde hängen bleiben können. Für die Höhe des Austritts von der Box aufs Paddock gilt: mindestens 1,5 x Widerristhöhe.

Führanlagen und Laufbänder

Führmaschinen und Laufbänder sollten halbhoch geschlossene bzw. vergitterte Seitenwände haben, damit Kinder, Hunde etc. nicht zwischen die Hufe der Pferde geraten. Türen und Tore müssen so gesichert sein, dass sie nur geöffnet werden können, wenn die Anlage steht. Die Innenseiten haben so verstärkt zu werden, dass die Pferde sie nicht durchtreten können. In Freilaufführanlagen sollten beweglich aufgehängte Trenngitter die Flächen für die Pferde unterteilen. Die Lauffläche sollte rutschfest, stabil und gelenkschonend sein. Wenn also in Führmaschinen Asphalt oder Beton als Untergrund verwendet werden, braucht es zusätzlich noch eine Tretschicht.

Die Seiten geschlossen, die „Abteile“ voneinander getrennt – so sieht eine wünschenswerte Führmaschinenkonstruktion aus. Foto: Frank Sorge

Ganz wichtig: Ob Führmaschine oder Laufband, es sollte ein Notfallknopf installiert werden, der die Anlage sofort abschaltet, wenn ein Pferd stürzt etc.

Unter Strom

Stromleitungen sollten so angebracht sein, dass die Pferde sie nicht erreichen können (auch wenn sie verputzt liegen) und müssen durch geeignete Isolationsmaßnahmen geschützt werden. Um jedwedes Risiko auszuschließen, sollten auch Fl-Schutzschalter installiert werden, die die Stromführung unterbrechen, wenn der Stromfluss – z.B. durch Berührung – verändert wird. Auch die Steckdosen sind außerhalb der Reichweite der Pferde anzubringen.

Offenstallhaltung

Für viele Pferde ist die Offenstallhaltung das Paradies. Allerdings nicht für alle. Gerade rangniedrige Pferde haben häufig Stress in Gruppenhaltungen. Um das zu vermeiden, müssen die Pferde sich aus dem Weg gehen können und die Anlage so konzipiert sein, dass auch die rangniedrigen Pferde ungestört fressen und ruhen können. Daher sollten z.B. Tränke und Futterbereich voneinander getrennt liegen, damit die Chefs nicht gleichzeitig beide Ressourcen für sich beanspruchen können.

Auch Fress- und Ruhe-/Schlafräume sollten separiert angeordnet sein, damit die Pferde zum Ruhen kommen. Überdachte Flächen sollten mindestens zwei Ausgänge haben oder offen sein, damit die ranghohen Pferde nicht den Ein- bzw. Ausgang blockieren können. Für die Türen gilt: Entweder nur einen Meter breit, damit die Pferde gar nicht erst auf die Idee kommen, sich zu zweit hindurchzuquetschen, oder mindestens 1,60 Meter breit, damit zwei Pferde bequem nebeneinander hindurchpassen.

Die Begrenzungen müssen mindestens 0,9 mal Widerristhöhe hoch sein und sollten zwei bis drei Querverstrebungen haben. Wie auch auf Weideflächen eigenen sich Zäune aus Harthölzern, Metallrohren oder auch splittersicherem und UV- bzw. frostbeständigem Kunststoff. Wichtig: An den Toren und Übergängen dürfen keine Lücken entstehen!

Dominique Wehrmann

Solche Pflegestände sorgen dafür, dass die Stallgasse frei bleibt und das Putzen stressfreier vonstatten gehen kann. Foto: Christiane Slawik

Die Persönlichen Mitglieder setzen sich für gute Haltung ein und zeichnen im Rahmen des Wettbewerbs „Unser Stall soll besser werden“ innovative Stallkonzepte aus, die den Bedürfnissen der Pferde nach Licht, Luft, Bewegung und Sozialkontakt gerecht werden.

Hier können Sie sich die Gewinner des Wettbewerbs ansehen:

1. Platz: Reitanlange Fröhnerhof
2. Platz: Reitanlage Beck
3. Platz: Horse and Moor Hus
4. Sonderehrenpreis: Hofgut Rosenau

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