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Lernen vom Reitmeister: Karsten Huck

„Damals hatte keiner mit mir gerechnet“

Olympia-Bronze statt Hochzeitsreise, Pferde statt Wohnungsverwaltung und erst Profi, dann Amateur statt andersherum – die Laufbahn von Karsten Huck hat die eine oder andere Überraschung mit sich gebracht, aber im Mittelpunkt standen für ihn immer: die Pferde!

Für Karsten Huck standen und stehen die Pferde im Mittelpunkt. Da wird er auch  mal zumStangenträger. Fotos (4): Jacques Toffi

„Eigentlich hatte ich ja alles richtig gemacht, aber irgendwie war es trotzdem falsch.“ In diesem Satz von Karsten Huck mit Rückblick auf das Jahr 1984 steckt alles drin: Stolz, Überraschung und auch ein kleines bisschen Tragik vielleicht. 1984 war das Olympiajahr von Los Angeles und es war das Jahr, in dem Karsten Huck im Sattel von Calando I Deutscher Meister der Springreiter wurde. „Damals hatte keiner mit mir gerechnet“, erinnert sich der Springprofi. Und ehe er es sich versah, wurde Huck zum Olympiakandidaten – aber zur Reise nach Los Angeles kam es nicht, weil Huck ein Kreuzchen an der falschen Stelle gemacht hatte. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft hat Karsten Huck drei Jahre als Geschäftsführer einer Hamburger Wohnungsverwaltungsfirma gearbeitet. Geritten ist er nebenher immer – neben der Schule, der Ausbildung zum Bankkaufmann, dem Studium und der Arbeit. Nach drei Jahren im Anzug entschloss er sich um und machte die Pferde zum Beruf. 1979 legte er seine Pferdewirtschaftsmeisterprüfung ab und bei der Beantragung seines Reitausweises machte er jenes tragische Kreuzchen bei „Profi“. 1984 waren die olympischen Regeln noch so, dass Profis nicht zugelassen wurden. Die Spiele in Los Angeles fanden ohne ihn statt.

Weg zum Springreiter

Huck wurde 1945 in Wohltorf geboren und hatte die Pferdegene bereits in sich. Vater Hans-Jürgen Huck war Reitlehrer und Springreiter – 1951 hatte er den Großen Preis von Berlin gewonnen. „Dass mein Vater schon geritten ist, hat vieles leichter gemacht“, erzählt der siebenmalige schleswig-holsteinische Landesmeister. „Ich war täglich bei den Pferden, bin damit aufgewachsen und mein Vater hat auch meine Grundausbildung übernommen.“ Mit 14 Jahren hat Huck sein erstes M-Springen geritten. Zu jener Zeit glich das einer Sensation. Dabei hatte er sich so früh noch gar nicht für das Springreiten entschieden, sondern zunächst Vielseitigkeit geritten. Wieso er sich dann aber doch fürs Springen entschieden hat? „Das hatte nicht zuletzt pragmatische Gründe: Es gab nur sehr wenige Vielseitigkeitsturniere im Jahr und das Training war sehr aufwändig. Aber meine Zeit fürs Reiten wurde zu der Zeit eher knapper.“ Der Springsport begeistert ihn bis heute, „weil man nie aufhört, dazuzulernen. Egal, wie alt man wird.“

Mittendrin statt nur dabei

Seinen größten sportlichen Erfolg erzielte Huck bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul. Mit Nepomuk gewann er die olympische Bronzemedaille. Im April desselben Jahres hatte er seine Frau Brigitte geheiratet, die Hochzeitsreise war geplant: Eine Reise nach Seoul sollte es werden, dort wollten die beiden sich die Olympischen Spiele angucken. „Ich hatte für mich doch gar nicht an die Olympischen Spiele gedacht“, gesteht Huck. „Und auf einmal habe ich die erste Sichtung gewonnen.“

In Schleswig-Holstein geboren und beheimatet war Karsten Huck natürlich auch beim traditionsreichen Hamburger Derby am Start (hier mit Leonardo).

Als Reservereiter flog Huck nach Seoul, aber nach einigen Ausfällen war er plötzlich am Start. Und als dann Wolfgang Brinkmann auf seinen Startplatz im Einzelfinale verzichtete, war der Weg für Huck frei – und er gewann Olympia- Bronze. Apropos: Seinen Profistatus hatte er 1986 offiziell wieder abgelegt. Nach einem Antrag beim „Re- Amateurisierungsausschuss“ war das Kreuzchen im Reitausweis von Huck längst an die „olympisch richtige Stelle“ gesetzt worden, obwohl es die Olympiaregeln 1988 nicht mehr verlangten.

Vom Reiter zum Trainer

Neben Olympia-Bronze war Huck vielfacher Nationenpreisreiter und gehörte 1990 bei den Weltreiterspielen zur Silber-Equipe. 1991 hat er sich auch seinen Hof in Borstel gekauft, den er zu einem Ausbildungsund Turnierstall umbaute. Zwölf Jahre war Huck Landestrainer in Schleswig-Holstein, kurzzeitig auch Bundestrainer der Juniorenspringreiter und reiste als Trainer durch Europa, in die USA und nach China. „Ich war sieben Jahre lang etwa 60, 70 Tage pro Jahr in Shanghai und habe die Springreiter dort trainiert. Das war sehr interessant, weil man da fast bei null anfing.“ Um die Jahrtausendwende hat sich der Olympiareiter vom aktiven Sport verabschiedet und kümmert sich seitdem ausschließlich um Training und Turnierbetreuung. 2005 wurde Karsten Huck der Reitmeister-Titel verliehen. Sein Motto: „Versucht immer in eure Pferde reinzukriechen, dann könnt Ihr nichts falsch machen.“

Kim Kreling

Mit Nepomuk feierte Karsten Huck seinen wohl größten Erfolg: Bronze bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul.

Karsten Hucks Ausbildungstipp: Die „springsportliche Kurzkehrt-Wendung“

„Ich bin früher nie mit einem Pferd in einen Parcours geritten, mit dem ich keine Kurzkehrt-Wendung reiten konnte, weil ich dann das Gefühl hatte, ich hatte das Pferd nicht unter Kontrolle. Inzwischen ist sie für mich zur idealen Lektion geworden, um meinen Schülern beizubringen, wie man die Pferde mit den äußeren Hilfen wendet und gleichzeitig mit dem inneren Schenkel die Vorwärtsbewegung erhält. Es geht nicht um eine exakt dressurmäßig gerittene Kurzkehrt- Wendung, es geht darum, das Pferd unter Kontrolle zu haben. Die meisten Schüler haben ein Problem damit, eine vernünftige Kurzkehrt zu reiten. Deshalb muss man sie dahinführen. Ich beginne damit, sie eine große Volte reiten zu lassen, zunächst im Schritt. Danach lasse ich dieselbe Volte mit Außenstellung reiten. Wenn das Pferd den Kreisbogen der Volte verlässt, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass der äußere Schenkel (der im Grunde durch die Außenstellung zum inneren geworden ist) nicht genug durchkommt. Dann wissen die Schüler, woran sie arbeiten müssen. Man kann auch noch einen Schritt zurückgehen und zunächst nur die Ecken in Außenstellung reiten. So hilft die Bande noch als Begrenzung. Der nächste Schritt wäre, die offene Zirkelseite in Außenstellung zu reiten.

Das Pferd in Vorwärtstendenz gut durch Wendungen zu reiten und passend zum Sprung zu kommen – für Karsten Huck eine der essenziellsten Herausforderungen beim Springreiten. Foto: Stefan Lafrentz

Reitmeister Karsten Huck ist heute ein begehrter Trainer.

Dabei darf das Pferd nicht die Zirkellinie verlassen. Dann erst beginnt man mit der Arbeit auf der sehr großen Volte, die man allmählich etwas verkleinern kann. Wenn die Volte mit Außenstellung im Schritt sicher gelingt, kann man dieselbe Aufgabe im Trab üben, dann im Galopp. Wer das nicht sicher kann, wird keinen vernünftigen Parcours reiten können. Der Sinn ist nicht, unzählig viele Kurzkehrt- Wendungen zu reiten. Man muss das System verstanden haben und umsetzen können. Ich reite auch gerne eine 30- oder 40-Grad-Wendung aus der Ecke heraus. Das bedeutet: Ich lasse die Pferde nur zwei oder drei Schritte übertreten und reite dann auf der Diagonalen nach vorne. Ich darf salopp sagen: Die Stellung spielt hierbei für mich eine geringe Rolle. In der Dressur ist das Pferd bei einer Kurzkehrt- Wendung in die Bewegungsrichtung gestellt und gebogen und die Hinterhand bewegt sich auf einem minimalen Kreis. Die Springreiter sind mit weniger zufrieden. Wichtig ist: Die Vorwärtsbewegung muss erhalten bleiben und die Vorhand muss sich um die Hinterhand bewegen, die Stellung kann dabei beliebig sein. Ganz wichtig bei diesen Übungen ist immer auch der innere Schenkel. Er muss die Vorwärtsbewegung erhalten. In der Dressur treten die Pferde mit der Hinterhand nahezu auf der Stelle, das wollen wir im Springsport nicht. Die Wendung ist größer und muss im Galopp mit dem Zug nach vorne gelingen. Wenn wir den Gedanken weiter verfolgen: Die Volte in Außenstellung im Galopp als Vorbereitung und dann die Wendung um die Hinterhand im Galopp – dann sind wir schon fast bei einer Arbeitspirouette. Wer das beherrscht, beherrscht auch sein Pferd im Parcours.“

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