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Reitbeteiligung: Darauf kommt es an

Ein Pferd, zwei Gewinner

Hat der Pferdebesitzer aufgrund persönlicher Umstände zu wenig Zeit, ist für einen Reiter die Herausforderung eigenes Pferd finanziell oder aus anderen Gründen zu groß, so können Pferdebesitzer und Pferdeliebhaber die Lösung in einer Reitbeteiligung finden. Dabei sind Zuverlässigkeit, Vertrauen und gute Absprachen Grundvoraussetzungen für eine gemeinsame Basis.

Eine Reitbeteiligung ist nicht nur etwas für Kinder und Jugendliche, sie kann auch für Erwachsene interessant sein. Fotos: Stefan Lafrentz

Im besten Fall führt eine Reitbeteiligung zu einer Win-Win-Situation für Pferd, Besitzer und Reitbeteiligung. Schließlich zählt der Pferdesport zu den zeit- und kostenintensiven Hobbys. Hinzu kommt noch die große Verantwortung, die man für ein Lebewesen übernimmt – nicht selten für über 20 Jahre. In einer so langen Zeit kann es durchaus passieren, dass sich die persönliche und oder familiäre Situation verändert, dass man eventuell nicht mehr genügend Zeit für sein Pferd findet, weil beispielsweise auch die Familie Zeit in Anspruch nimmt. Andererseits sind auch viele Reitsportbegeisterte durch die genannten Aspekte abgeschreckt von einem eigenen Pferd und wollen sich lieber seltener, aber dennoch regelmäßig um ein Pferd kümmern. In solchen Fällen kann eine Reitbeteiligung eine gute Lösung sein. Nebenbei kann diese auch die Probe aufs Exempel sein, ob man selbst bereit wäre für ein eigenes Pferd – viele unterschätzen nämlich die Verantwortung und die Verpflichtung gegenüber dem Lebewesen, das bei Wind und Wetter versorgt werden will.

Das liebe Geld

Es gibt viele verschiedene Gründe, die für eine Reitbeteiligung sprechen. Der finanzielle Aspekt sollte dabei nicht im Vordergrund stehen. Gerade die Kosten einer Reitbeteiligung führen oft zu Meinungsverschiedenheiten. Da auch die Reitschüler einer Reitschule Gebühren zahlen müssen, ist auch bei einer Reitbeteiligung ein Kostenbeitrag üblich.

Manchmal ist vielleicht auch Teamwork gefragt – dann ist es wirklich „Ein Pferd für Zwei“.

Die Beteiligungskosten schwanken stark und sind von verschiedenen Faktoren abhängig: In welcher Region in Deutschland steht das Pferd? Wie hoch sind die monatlichen Fixkosten für den Besitzer? Wie viele Tage pro Woche kümmert sich die Reitbeteiligung um das Pferd? Wie hoch ist das Leistungsniveau des Pferdes? Wichtig ist zunächst, dass sich beide Parteien im Vorfeld darüber klar sind, was sie wollen: Wer reitet an welchen Tagen? Ist Unterricht im Preis enthalten oder extra zu zahlen? Reitet die Reitbeteiligung nur im Gelände? 

So kann es dazu kommen, dass eine Person nur rund 30 Euro für eine Reitbeteiligung zahlt, eine andere wiederum 200 Euro. Die Spanne ist groß und eine pauschale Beurteilung dessen, was angemessen ist, nur schwer möglich. Ratsam ist, wenn die Chemie zwischen den beteiligten Personen stimmt und die Reitbeteiligung zum Pferd passt, sollte eine gute Kombination nicht am Preis scheitern. Dann ist Flexibilität gefragt – gerade auch auf Seiten des Besitzers, der im Sinne seines Pferdes eine ideale Lösung anstrebt. Die Reitbeteiligung übernimmt ja letztlich tageweise die Verantwortung über den eigenen Liebling. Da ist Zuverlässigkeit absolut unerlässlich, gerade wenn das Pferd mal krank ist und nicht geritten werden kann. Es muss schließlich versorgt werden und hier zeigt sich dann besonders, wie es mit der Zuverlässigkeit aussieht. Grundsätzlich sollte die Entscheidung für oder gegen eine Reitbeteiligung daher nie aus finanziellen Gründen allein heraus erfolgen. Der Pferdebesitzer profitiert letztlich mehr von einer Reitbeteiligung, die sich zwar nicht an den Kosten beteiligen kann, sich dafür aber liebevoll und den Absprachen entsprechend um das Pferd kümmert.

Ein Team bilden

Die Entscheidung für ein „halbes Pferd“ treffen viele Reit- und Pferdebegeisterte, weil sie sich eine intensivere Zeit mit einem Pferd wünschen – sie wollen eine Bindung aufbauen. Je nach Vereinbarung geht es bei den meisten Reitbeteiligungen deswegen nicht nur um das Reiten, sondern auch um die Versorgung des Pferdes mit Boxen-, Weide- und Paddockpflege. „Ein eigenes Pferd kann ich zeitlich und finanziell nicht stemmen. Eine Reitbeteiligung ermöglicht mir, immer dasselbe Pferd reiten zu können und eine starke Bindung aufzubauen und das ist mir sehr wichtig. Zu sehen, dass man immer weiter zusammenwächst und ein Team bildet, ist wunderschön. Ich möchte dem Pferd vertrauen können und möchte, dass das Pferd auch lernt, mir zu vertrauen. Da ich das Pferd reiten und pflegen darf und alles mitbenutzen kann, finde ich es auch okay, Geld dafür zu zahlen. Die Kostenbeteiligung muss aber angemessen sein“, sagt Mia Beuth, 27 Jahre alt, die mit verschiedenen Reitbeteiligungen sowohl positive als auch negative Erfahrungen gesammelt hat.

An den vereinbarten Tagen übernimmt die Reitbeteiligung alle Aufgaben rund ums Pferd, so wie es der Besitzer tun würde. Auch Stallarbeiten gehören dazu.

Für viele ein Grund für eine Reitbeteiligung: Eine Beziehung zu einem Pferd aufzubauen und zu lernen, sich gegenseitig zu vertrauen.

Die Chemie muss stimmen

Wie schon angeklungen, muss nicht nur die Chemie zwischen Pferdebesitzer und Reitbeteiligung passen, sondern auch zwischen Reitbeteiligung und Pferd. Nur wenn diese Dreier-Konstellation harmoniert, kann es für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation werden. Bei der Suche nach einer passenden Reitbeteiligung sollte man sich selbst zunächst ganz klar einschätzen hinsichtlich des reiterlichen Standes, der Erfahrung und auch der eigenen Wünsche. „Das Pferd muss zum eigenen Ausbildungsstand passen. Ein junges, unerfahrenes oder schwieriges Pferd braucht einen erfahrenen, sicheren Reiter. Auch das Temperament und der Charakter müssen stimmen. Ein eher ängstlicher Reiter braucht ein ausgeglichenes Pferd und keinen ungestümen Wildling“, sagt Lina Otto aus der FN-Abteilung Ausbildung.

Pferdebesitzer, die eine Reitbeteiligung für ihr Pferd suchen, sollen sich also zunächst verschiedene Fragen stellen: Wie weit fortgeschritten sollte der Ausbildungsstand der potenziellen Reitbeteiligung sein? Wie gut ausgebildet ist mein Pferd? Was soll die Reitbeteiligung leisten? Wo sind Grenzen? Wie oft pro Woche benötige ich Unterstützung? Sollte die Reitbeteiligung volljährig sein? Aber auch der Reitbeteiligungssuchende sollte im Vorfeld die Antwort auf bestimmte Fragen wissen: Wie gut sollte das Pferd ausgebildet sein? Suche ich eine Reit- oder eine Pflegebeteiligung? Bin auch auf der Suche nach einem Pony oder einem Großpferd? Möchte ich Spring- oder Dressurtraining oder lieber nur gemütlich ausreiten? Wie oft pro Woche kann ich Unterstützung leisten? Je klarer die Vorstellungen auf beiden Seiten sind, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Reitbeteiligung langfristig gut funktioniert.

Wünsch‘ dir was

Neben den eigenen Wünschen ist es aber ebenso wichtig, das eigene Pferd richtig einzuschätzen und die Reitbeteiligung dahingehend aufzuklären, was geht und was nicht. „Nach der etwas unglücklichen Erfahrung mit meiner ersten Reitbeteiligung, habe ich das letzte Mal gezielter gesucht. Nach drei Stuten als Reitbeteiligung wollte ich zum Beispiel unbedingt einen Wallach reiten und auch ein Großpferd sollte es sein. Schlussendlich habe ich jetzt einen 22-jährigen Warmblüter gefunden, mit dem ich entspannt Dressurreiten und gemütliche Ausritte unternehmen kann“, sagt Mia Beuth.

Im Vorfeld sollte es klare Absprachen geben: Ist beispielsweise auch das Ausreiten erlaubt? Zu zweit ist das natürlich sicherer.

Über alles sprechen zu können, bildet den wohl wichtigsten Baustein einer erfolgreichen und langfristigen Reitbeteiligung. So sollten Probleme, Wünsche und auch Kritik offen kommuniziert werden. Gerade bei der Suche nach der passenden Reitbeteiligung ist das für beide Seiten wichtig. „Genaue Absprachen sind das A und O“, sagt Lina Otto. Sie fährt fort: „Wenn ein Reiter zum Beispiel noch nicht allzu sicher ist, aber die Chemie zwischen allen Beteiligten stimmt, dann kann man ja letztlich auch einfach regeln, dass die Reitbeteiligung regelmäßig Unterricht nimmt. Das Gesamtpaket muss einfach passen. Es geht ja nicht nur darum, das Pferd an ein paar Tagen in der Woche versorgt zu wissen. Reiter und Pferd sollten harmonieren und voneinander profitieren, damit das Unternehmen Reitbeteiligung auf Dauer Erfolg hat. Es ist aber zum Beispiel total in Ordnung, wenn die Besitzer das Pferd überwiegend im Springsport einsetzen und die Reitbeteiligung die dressurmäßige Gymnastizierung übernimmt. Heißt, nur weil das Pferd ein Springpferd ist, muss die Reitbeteiligung nicht auch L-Springen reiten“, resümiert Otto.

Reitbeteiligung finden

Die meisten Reitbeteiligungen scheitern an unklaren Absprachen und Regeln. Deshalb empfiehlt es sich, bereits ein Gesuch so detailliert wie möglich zu verfassen, damit dem Schrecken beim ersten Kennenlernen direkt vorgebeugt werden kann. Um eine geeignete Reitbeteiligung zu finden oder zu suchen, empfiehlt es sich, bei Ställen in der näheren Umgebung zu fragen und ggfs. einen Aushang zu verteilen. Alternativ bieten sich auch spezielle Gruppen in den sozialen Medien oder Kleinanzeigen-Plattformen und FN-Partner ehorses (www.ehorses.de) an.

Konflikte sollten offen angesprochen werden können.

Klare Absprachen

Bei einer Reitbeteiligung sollte es zuallererst um das Wohlergehen des Pferdes oder des Ponys gehen, und beide Seiten müssen klare Vorstellungen darüber haben, was sie erwarten. Gerade die Häufigkeit der Entlastung durch eine Reitbeteiligung spielt eine entscheidende Rolle. „Beide Parteien müssen natürlich klar sagen, wie oft sie Unterstützung benötigen oder umgekehrt, wie oft sie sich gerne um das Pferd kümmern wollen“, sagt Otto.

Durch eine Reitbeteiligung festigt man sein pferdespezifisches Wissen und lernt immer noch dazu.

Im Schnitt belaufen sich Reitbeteiligungen auf zwei- bis dreimal pro Woche. Die Tage sollten im besten Fall fest vereinbart werden, damit es nicht zu unnötigen Missverständnissen kommt. „Bei meiner ersten Reitbeteiligung habe ich nicht nur finanziell einen Großteil der Kosten übernommen, irgendwann hat sich die Besitzerin auch grundsätzlich immer weniger um ihr Pferd gekümmert. Am Ende war ich nicht selten sieben Tage pro Woche am Stall und musste mich um das Pferd kümmern“, erzählt Mia Beuth. Die offene Kommunikation zwischen Reitbeteiligung und Pferdebesitzer sollte jederzeit möglich sein. Ebenso wie das Ansprechen von Problemen oder Komplikationen. Einer anderen Person die Verantwortung für das eigene Pferd zu übertragen, ist ein großer Schritt, der gut überlegt und organisiert sein muss. Neben einer etwaigen Kostenbeteiligung sollte geregelt werden, welche Aufgaben die Reitbeteiligung – auch über das Reiten hinaus – übernimmt und wie das Pferd genutzt werden beziehungsweise zum Einsatz kommen darf.

Eine Frage der Haltung

Auch die Haltungsform des Pferdes kann Einfluss auf die Reitbeteiligung und die damit verbundenen Pflichten haben: So muss zum Beispiel eine Reitbeteiligung bei einem Pferd in Offenstallhaltung mehr Aufgaben übernehmen, als bei einem Pferd, das in Vollpension untergebracht ist. Die Reitbeteiligung sollte sich an den abgesprochenen Tagen im Prinzip so um das Pferd kümmern, als wäre es das eigene.

Bitte lächeln! Die Chemie zwischen Reitbeteiligung und Pferdebesitzer sollte stimmen – genauso wie die Chemie zwischen Pferd und Reiter.

Reiten – der Hauptgrund für viele, sich eine Reitbeteiligung zu suchen. Am Anfang schaut der Besitzer vielleicht noch zu und gibt Tipps.

Hierbei ist besonders wichtig zu klären, wie weit die Befugnisse der Reitbeteiligung zum Beispiel in einem Notfall reichen, falls der Besitzer nicht erreichbar ist. Denn gerade bei Verletzungen fühlen sich Reitbeteiligungen oft hilflos. Auch das Melden der Reitbeteiligung bei der Haftpflichtversicherung wird dringend empfohlen – Stichwort Gast- oder Fremdreiter. Hierbei muss die Police unbedingt genau unter die Lupe genommen werden: Was ist abgedeckt und laut Versicherung erlaubt? Bei manchen Versicherungen ist bereits das Reiten oder Führen ohne vorschriftsgemäße Ausrüstung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Auch bei der Nutzung des Pferdes sollte offen kommuniziert werden, was erlaubt ist und was nicht. So gibt es neben der Reitbeteiligung auch noch die Möglichkeit einer Pflegebeteiligung, die sich ausschließlich um die Versorgung und Pflege eines Pferdes kümmert, dieses aber nicht reitet. Um Missverständnissen und unnötigem Ärger vorzubeugen, sollten Absprachen und Regeln in einem Vertrag festgehalten und unterzeichnet werden – damit die Reitbeteiligung am Ende zu einem Erfolgsmodell für alle Seiten wird.

Lorella Joschko

Checkliste:

So wird die Reitbeteiligung zum Erfolg

  • Verantwortung und Vertrauen: Der Pferdebesitzer sollte sich genaue Vorstellungen davon machen, wem er die Verantwortung für sein Pferd übertragen möchte. An oberster Stelle sollte das Wohlergehen des Pferdes stehen – sowohl für den Halter als auch für die Reitbeteiligung.
  • Zuverlässigkeit: Der Besitzer muss sich darauf verlassen können, dass das Pferd an den abgesprochenen Tagen voll versorgt wird und dass mit dem Pferd nichts geschieht, was nicht ausdrücklich abgestimmt ist. Auch im Notfall sollte eine Reitbeteiligung kurzfristig einspringen können.
  • Offenheit und Ehrlichkeit: Den Grundstein einer erfolgreichen Reitbeteiligung bildet die direkte Kommunikation. Es sollte beiden Parteien möglich sein, Probleme und Kritik zu äußern, um die bestmögliche Lösung zu finden.
  • Haftung: Gerade das Thema Haftung spielt bei Reitbeteiligungen eine wichtige Rolle. Demnach sollte der Haftpflichtversicherung eine Reitbeteiligung unbedingt gemeldet und mitversichert werden.
  • Regelungen: Das A und O einer erfolgreichen Reitbeteiligung sind genaue Absprachen und Regelungen, an die sich beide Parteien halten. Im FN-Shop unter www.pferd-aktuell.de/fn-shop kann ein Mustervertrag gekauft und heruntergeladen werden.

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